Je längerfristig Ihr Handelsansatz, desto besser Ihre Chance auf Gewinn
Bei der Entwicklung von Handelssystemen, also Algorithmen, die exakte Ein- und Ausstiegsregeln definieren, ist es grundsätzlich gleichgültig, welchen Chart-Zeitrahmen Sie verwenden. Ob Sie 1-Stunden-Charts (jede Kerze, jeder Balken oder Linienpunkt entspricht der Handelsspanne von 1 Stunde), 1-Minuten-, Tages- oder gar Wochencharts betrachten, Sie werden auf ihnen allen Muster erkennen. Muster, die sich mal über einen längeren, mal über einen kürzeren Zeitraum wiederholen.
Aus solchen Anomalien, die meist nur temporär vorhanden sind, können Sie mit Hilfe daraus abgeleiteter Handelsregeln Trading-Robots, z.B. Expert Advisors (EAs) für MetaTrader (MT4/MT5), entwickeln oder entwickeln lassen. Daraus erhoffen Sie sich selbstverständlich, dass Sie von den erkannten Mustern Gewinn schlagen können.
Zwei Erkenntnisse bezüglich des gewählten Chart-Zeitrahmens (oft wird auch der englische Begriff timeframe dafür verwendet) müssen Sie dabei jederzeit beachten. Der gewählte Zeitrahmen hat Auswirkungen
auf die Handelsfrequenz
auf die Lebensdauer des Chartmusters.
Zunächst zum ersten Punkt. Wenn Sie ein Modell auf einem 5-Minuten-Chart entwickeln, ergeben sich normalerweise deutlich mehr Handelssignale als bei einem Tageschart. Eine einfache, aber oft übersehene Wahrheit, die sich daraus als logische Folge ergibt, ist diese: je höher die Handelsfrequenz, desto höher sind auch die Handelskosten, die erst einmal verdient werden müssen.
Wenn wir davon ausgehen, dass ein Kurs sich meist zufällig entwickelt, bedeutet das einen Erwartungswert für Gewinn und Verlust eines Trading-Systems von null. Sprich: über eine längere Zeit betrachtet hat eine festgelegte Sammlung von Handelsregeln mal eine Gewinnphase, mal eine Verlustphase. Unterm Strich bringt das in den Regeln beschriebene Vorgehen weder Gewinn noch Verlust - vor Spread- und anderen Transaktionskosten, wohl gemerkt!
Wenn Sie aus den Ein- und Ausstiegskursen eines Systems den Spread und eventuelle Kommission herausrechnen, erhalten Sie den eigentlichen Kursgewinn des Systems. Im Devisentrading mittels eines MT4-/MT5-Brokers sind diese Kosten pro Deal oft nur eine gefühlte Kleinigkeit. Ein Grund, warum dies oft geflissentlich übersehen wird.
Aber auch Kleinvieh macht Mist, selbst wenn dieses "Kleinvieh" beispielsweise bei EURUSD durchschnittlich nur 0,01% vom Kurs ausmacht. Wenn Sie jeden Tag 10 mal eine Forex-Position mit Hebel 1 handeln, also z.B. bei Kontostand 10.000 EUR 0,1 Lots wählen, summieren sich Ihre Spreadkosten auf 0,1%. Wiederholen Sie das ein Jahr lang, also an 250 Handelstagen, kommen Sie auf sage und schreibe 25% Ihres Kontowerts, also im gerade aufgeführten Beispiel 2.500 EUR. Diese Zahl spricht für sich selbst.
Neben den Handelskosten spielt auch der zweite Faktor der Timeframe-Wahl eine große Rolle: die Lebensdauer des Chartmusters, auf dem Ihre Strategie und in Folge Ihr EA basiert.
Schon oft habe ich eindeutig wiederkehrende Formationen in kürzerfristigen Charts erkannt und einen MT4-EA dafür entwickelt. Nach wenigen Gewinn-Deals (wenn überhaupt!) stellte sich dann schnell das genaue Gegenteil ein - als hätte sich der Markt gegen mich verschworen. Ist Ihnen das auch schon so ergangen?
Je längerfristig der Chart-Timeframe war, in dem ich Systeme entwickelt habe, desto länger wiederholten sich die beobachteten Muster - die ich aus dem Blickwinkel der "Random Walk"-Theorie der Devisenmärkte guten Gewissens als Anomalien bezeichne.
Jede Anomalie wird über kurz oder lang Arbitrageure finden, die solange Vorteil daraus ziehen, bis zu viele Trader sie erkannt haben. Sie können natürlich ebenfalls dazu gehören, gar kein Thema. Sie sollten sich davor nur diese Frage stellen:
Wie oft will ich neue Strategien und Expert Advisors entwickeln?
Wenn Sie Ihren Zeit- und eventuell auch Geldeinsatz für die EA-Entwicklung über einen längeren Zeitraum amortisieren möchten, statt jeden Monat entweder etwas ganz neues entwickeln oder zumindest nach neuen Einstellungen für Ihre bestehenden Systeme suchen zu müssen, sollten Sie ganz klar auf längerfristige Charteinheiten gehen.
Ich selbst handle zwischenzeitlich nur noch im Tages- und Wochen-Chart, wenn es um Indikatoren- oder Kerzenformations-gestützte Trading Robots geht. Das verlängert Haltedauern und reduziert meine Dealanzahl. Ich beobachte dabei, dass die erkannten Chartmuster sich länger wiederholen und ich somit einen hohen Wirkungsgrad im Trading erziele.
Kurz gesagt: Je längerfristig Ihr Handelsansatz, desto mehr haben Sie die alles entscheidenden Themen Transaktionskosten und Strategie-Lebensdauer auf Ihrer Seite.
Ihnen alles Gute für Ihre Trades
Cristof Ensslin von mindful FX, Ihr EA-Programmierer