Was surfen und traden gemeinsam haben
Nein, ein Surfer bin ich nicht - zumindest wenn man vom Surfen des Internets absieht... Weder Windsurfing noch Wellenreiten habe ich jemals unternommen, obwohl ich gerne mal Kitesurfen ausprobieren möchte.
Dennoch habe ich gerade ein Buch zu Ende gelesen, das autobiografisch mitreißend den Lebensweg eines passionierten Kölner Surfers erzählt: Boarderlines von Andreas Brendt. Während die spannungsgeladenen Seiten zum ständigen Weiterlesenwollen geradezu einladen und vielerlei versteckte Weisheiten enthalten, präsentiert Brendt im vorletzten Kapitel seine aus guten und schlechten Surferfahrungen gezogenen Lehren in zwei Abschnitten.
Mitten im ersten Absatz des Abschnitts trifft es mich. Dies sind nicht nur Lehren fürs Surfen. Nein, es sind auch Analogien fürs ganze Leben - und vor allem: Hier steht alles über die eigene Psychologie und richtige Einstellung drin, was fürs Trading wichtig ist!
Wir müssen im Text einfach nur die Wörter Surfer mit Trader, Meer mit Markt, und Welle mit Marktschwankung etc. ersetzen. Dann müsste es wie Schuppen von unseren Augen fallen. Es folgen Brendt's Zitate und was wir meiner Meinung davon tragen können:
Wenn ein Surfer von einer großen Welle erwischt wird, muss er sie gewähren lassen.
Wir liegen im Trading oftmals falsch. Das müssen wir akzeptieren, die Verluste mitnehmen und als Teil des Prozesses hinnehmen.
Und über kurz oder lang wird jeder in die Tiefe gerissen.
Sprich: wir sitzen alle im gleichen Boot. Wir alle machen beizeiten heftige Verluste, und unser Konto gerät in eine Drawdownphase, die tiefer noch nie war.
Dann hat er seine Prüfung zu meistern, seine Lektion zu lernen.
Die Lektion kann heißen: Ausdauer und Geduld. Insbesondere bei Trendfolge-Strategien laufen Trefferquote und Gewinnpotenzial gegenläufig, was ungemein aufs Gemüt drückt. Das ist wahrscheinlich das schwierigste am Trading überhaupt. Zumindest für mich.
In der Welle muss er sich ausliefern, die Macht des Meeres akzeptieren.
Den Markt und seine volatilen Sperenzchen müssen wir vollständig akzeptieren.
Wenn der Surfer dagegen ankämpft, zu früh an die Wasseroberfläche rudert, weil er Angst bekommt, wird er einen hohen Preis bezahlen.
Wer als Trader dieses Faktum bekämpft und die Angst vor dauerhaften Verlusten (die wir alle mehr oder weniger haben) nicht im Zaum hält, wird genau zum falschen Zeitpunkt aus Positionen aussteigen oder langfristig erfolgreiche Handelssysteme und profitable (Trendfolge-) Tradingstrategien in die Ecke werfen.
Sorgen und krampfhaftes Verlangen lassen seinen Sauerstoff einfach verpuffen.
Wir Trader brauchen immer Luft zum Atmen: erstens Geld, das wir zum Trading einsetzen können (also niemals zu viel auf einmal riskieren). Zweitens innere Ruhe - Angst und Gier erkennen, wenn sie auftreten, ein paar mal tief durchatmen und wieder auf das fokussieren, was wir beeinflussen können: das riskierte Kapital pro Deal und natürlich Ein- und Ausstiegsregeln unseres Handelsansatzes.
Denn tief unter Wasser, in den dunklen Ecken des Ozeans, herrschen Gesetze, die nicht nach Wenn und Aber fragen, sondern einfach so sind.
Tief im inneren des Marktes steckt menschliche Psychologie. Sie mag beizeiten unergründlich erscheinen, dennoch sind all unsere Entscheidung emotional getroffen - und im Nachhinein rationalisiert. Angst und Gier machen uns zum Tier. Das ist so. Nur wenn wir uns selbst kennen, können wir entsprechend handeln.
Nein, der Surfer muss Ruhe bewahren. Er muss die Turbulenzen akzeptieren, weil er weiß, dass ihn die Welle wieder loslassen wird.
Die einzige Konstante ist die ständige Veränderung. Der bewusste Trader erkennt dies uns weiß, dass auch die schlimmste, der eigenen Strategie unpassenden Marktphase wieder vorbei geht. Diese Ruhe können wir als Trader natürlich nur dann bewahren, wenn wir Zuversicht haben können, dass wir die Drawdown-Phase finanziell überleben werden. Diese Erkenntnis macht Money und Risiko Management essenziell, sei es bei Trendfolge-Strategien oder anderen Handelsansätzen.
Auf den Sturm folgt Windstille, auf brüllenden Lärm verlässliche Ruhe und auf alles andere der Neuanfang.
Der Markt ist im ständigen Wechsel zwischen langweiliger Ruhe, krass hektischen Ausschlägen und gewinnträchtigen Trends. Danach geht es wieder von vorne los.
Das Wasser, das ihn in die Tiefe reißt, wird ihn emportragen. Dorthin, wo die Sonne lacht.
Es mögen nicht die gleichen Wassertropfen - sprich: Deals und Handelssymbole - sein, die unseren Kontostand wieder anheben werden. Aber eine wohl durchdachte, auf Robustheit rigoros überprüfte Strategie wird uns nach den inhärenten Verlusten auch wieder strahlende, Freude bereitende Gewinne bringen.
Er muss nur loslassen, Vertrauen haben, dann taucht er wieder auf. Und alles geht seinen Weg, führt in eine neue Welt. Voller Sauerstoff. Voller Leben.
Trader müssen davon loslassen, dass jeder Deal (oder auch ein hoher Prozentsatz aller Deals) ein Gewinn sein müssen. Dem gesamten Handelssystem (inklusive Money Management, Ein- und Ausstiegsregeln) müssen, natürlich nur sofern berechtigt, volles Vertrauen geschenkt werden. Dann können wir damit rechnen, dass ungeahnte Gewinnchancen gehoben werden können.
Das ist sicher, denn das Meer lügt nicht.
Der Markt hat immer Recht.
Allerbeste Trading-Erfolge wünscht Ihnen
Ihr Cristof Ensslin von mindful FX